Reculver war ein – heute abgesiedeltes – Dorf etwa fünf Kilometer östlich von Herne Bay in der Grafschaft Kent. Das Dorfareal, das unter anderem in der Antike mit einem Hilfstruppenkastell der Römer und im Mittelalter mit einem Kloster bebaut war, ging Anfang des 19. Jahrhunderts durch Küstenerosion an die See verloren. Heute ist an dieser Stelle nur noch die Ruine der später erbauten Marienkirche zu sehen. Die Reste des Geländes, auf dem einst das Dorf Reculver stand, werden von English Heritage verwaltet.
Kaputte Steine in modernen Zeiten
Das Reculver Towers and Roman Fort ist für zwei Arten von Leuten interessant. Auf der einen Seite, jene die sich für Geschichte im allgemeinen und Römische Geschichte im besonderen interessieren und auf der anderen Seite eine Gruppe, mit der wohl niemand gerechnet hat, nämlich Camper. Klingt erst mal komisch, ist aber so. Denn direkt neben (100 Meter Luftlinie) den Ruinen der Marienkirche liegt der Waterways Caravan Park, ein moderner Campingplatz. Er bietet sowohl Stellflächen für Campinganhänger und Wohnmobile als auch fest installierte Mobile Homes zum mieten.
Nachdem man sich die Überreste der St. Mary’s Church angeschaut hat, kann man im „The King Ethelbert Inn“ ein gutes englisches Mittagessen zu sich nehmen oder einfach nur ein schönes Bierchen trinken. Auch wenn das Inn von außen nicht viel her macht, ist es von innen doch gemütlich und auf jeden Fall einen Besuch wert.
Nach den Steinen kommen die Muscheln !
Wenn man ausreichend gestärkt ist, ist es Zeit für etwas Bewegung. Was liegt da näher als ein schöner Spaziergang am Strand? Dafür bieten sich zwei Möglichkeiten. Beide gehen Richtung Herne Bay, dessen Stadtzentrum knapp fünf Kilometer entfernt liegt. Die eine führt über einen Weg oberhalb der Klippen entlang und ist gut zu gehen, da er durchgehend gepflastert ist. Die zweite Möglichkeit führt direkt am Strand entlang (man sollte die Gezeiten da etwas im Auge behalten, um keine nassen Füße zu bekommen). Für den Spaziergang am Strand würde ich auf jeden Fall gutes Schuhwerk empfehlen. Wenn man nämlich zum Strand heruntergeht, bestehen die ersten 50 Meter ausschließlich aus angeschwemmten Muscheln. Wer diese Strecke in Flip-Flops oder gar barfuß überwinden möchte, sollte eine Ausbildung als Fakir hinter sich haben oder über keine Schmerzrezeptoren in den Füßen verfügen. Danach ist es aber ein wirklich schöner entspannender Spaziergang, der allerdings nicht an weißen Kreidefelsen, sondern an einer klassischen Erdabbruchkante vorbeiführt.
Fazit
Reculver ist ein schöner Ausflug, der einen drei bis vier Stunden beschäftigen kann (wenn man den Spaziergang mitnimmt, oder sich entsprechend lange im Inn aufhält). Alles in allem würde ich ihn aber nicht als „Must have“ bezeichnen. Wenn man kein Historiker ist, ist man mit den Ruinen der Kirche in 20 Minuten fertig, vom Römischen Fort ist leider gar nichts mehr zu sehen. Wenn man vom Campingplatz zu den Ruinen hinaufgeht (und das Wetter entsprechend ist) ist es allerdings wirklich Urlaub für die Augen. Auch ein Blick vom Strand auf die von diesem Blickwinkel fast intakte Außenwand der Kirche ist wunderschön.